Haftungsausschlüsse in der Kaskoversicherung

Haftungsausschlüsse in der Kaskoversicherung

Was tun, wenn die Versicherung nicht zahlen will? Wann darf die Versicherung nichts oder weniger zahlen? Wie kann ich das von vornherein verhindern?

Versicherungen stehen, nicht zu Unrecht in dem Ruf, ihre Zahlungen möglichst klein zu halten und nach Möglichkeiten zu suchen, überhaupt nichts auskehren zu müssen.

Lesen Sie in diesem Artikel, in welchen Fällen dies zu Recht geschieht und wie Sie sich am besten verhalten.

Das Wichtigste

  • Haftungsausschlüsse kommen in Betracht bei: Vorsatz, Grober Fahrlässigkeit und Obliegenheitsverletzungen
  • Dabei gelten nachstehende Rechtsfolgen: bei Vorsatz - keine Leistungspflicht der Versicherung, bei grober Fahrlässigkeit - Kürzung der Leistung im Verhältnis zur Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers und bei einfacher Fahrlässigkeit - Voller Leistungsanspruch
  • Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt im Straßenverkehr in besonders hohem Maße außer Acht läßt und absolut naheliegende, jedermann unmittelbar einleuchtende Überlegungen nicht anstellt. Stets muss zu der objektiv fahrlässigen Handlung ein subjektives Element hinzutreten.
  • An dem subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurf kann es fehlen, wenn besondere Umstände den Schluss zulassen, dass der Fahrer wegen der besonderen Umstände nur für sehr kurze Zeit unaufmerksam war, das sogenannte Augenblicksversagen.
  • Die häufigsten Fälle grober Fahrlässigkeit sind: Alkohol am Steuer, Überfahren einer roten Ampel, Stoppschild-Verstoß, Telefonieren am Steuer, Zu schnelles Fahren und Verhalten in Bezug auf einen Diebstahl des Fahrzeuges
  • Die Geschäftsbedingungen der Versicherungsgesellschaften enthalten zahlreiche Pflichten des Versicherungsnehmers. Verstöße hiergegen können bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ebenfalls zur Leistungskürzung oder zum Leistungswegfall führen.
  • Die wichtigsten Obliegenheiten sind: Gefahrerhöhung, Anzeigepflicht bei Veräußerung des Fahrzeuges, Vertragswidrige Verwendung des Fahrzeuges, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Anzeigpflichten bei Versicherungsfall, Aufklärungspflicht im Versicherungsfall und Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Übersicht

Die Kaskoversicherung ist nicht verpflichtet, alle entstandenen Schäden unabhängig vom Verhalten des Versicherungsnehmers zu regulieren.

Andererseits kann nicht jedes Fehlverhalten des Versicherungsnehmers dazu führen, dass dieser keinerlei Ersatzleistungen erhält.

Das Versicherungsrecht enthält daher ein abgestuftes Haftungssystem, welches sich an dem Grad des Verschuldens des Versicherungsnehmers richtet.

Gut zu wissen:

Vorsatz des Versicherungsnehmers führt dazu, dass die Versicherung von ihrer Leistungspflicht vollständig frei wird.

Grobe Fahrlässigkeit führt dazu, dass die Versicherungsgesellschaft berechtigt ist, ihre Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Der Versicherungsnehmer erhält also eine geringere Versicherungsleistung.

Bei einfacher Fahrlässigkeit bleibt es bei der vollen Leistungspflicht der Versicherungsgesellschaft.

Für einen Haftungsausschluss der Versicherungsgesellschaft kommen in Betracht

  • vorsätzliches Verhalten des Versicherungsnehmers
  • grob fahrlässiges Verhalten des Versicherungsnehmers
  • eine Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers

Nachstehend sollen die wichtigsten Fälle grob Fahrlässigen Handelns und die wichtigsten Obliegenheitsverletzungen behandelt werden.

Es sei darauf hingewiesen, dass diese Aufzählung nicht vollständig ist.

Expertentipp:

Wird Ihnen der Vorwurf grober Fahrlässigkeit oder einer Obliegenheitsverletzung gemacht, ist es ratsam, sich unverzüglich in fachkundige Beratung zu begeben. Hierdurch kann geklärt werden, ob diese Vorwürfe zu Recht erhoben werden und wie Sie sich gegebenenfalls hiergegen zur Wehr setzen können.

Grobe Fahrlässigkeit

Bei vorsätzlichem Handeln ist die Versicherungsgesellschaft von ihrer Leistung in vollem Umfang befreit.

Bei grober Fahrlässigkeit hingegen gilt, dass der Versicherer berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Ein voller Leistungsausschluss findet hier also nicht statt.

Was ist grobe Fahrlässigkeit?

Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde. Der Versicherungsnehmer muss schon ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet haben, was in der konkreten Situation jedem einleuchten musste.

Über die objektive Sorgfaltspflichtverletzung hinaus, muss dem Täter subjektiv ein besonderes Verschulden zur Last gelegt werden können. Hier ist auf die konkret handelnde Person abzustellen und ihre Fähigkeiten, Bildungsgrad und Erfahrung zu berücksichtigen. Es ist zu fragen, ob der konkret handelnden Person der Eintritt des Schadensereignisses erkennbar war.

Aus diesem Grund kann aus einem objektiv groben Verkehrsverstoß allein noch nicht auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden.

Zugunsten der handelnden Person können mildernde Umstände vorliegen, die einen Vorwurf grober Fahrlässigkeit als unangemessen erscheinen lassen würden.

Augenblicksversagen

So wird in einigen Fällen eine Leistungsminderung trotz objektiv grober Fahrlässigkeit bei einem sogenannten Augenblicksversagen nicht anerkannt.

Ein Augenblicksversagen liegt vor, wenn ein ansonsten verkehrsgerecht handelnder Verkehrsteilnehmer die erforderliche Aufmerksamkeit nur für eine sehr kurze Zeit außer Acht lässt. Es handelt sich also um einen „Ausrutscher“, wie er jedem einmal unerlaufen kann.

Allein das Vorliegen eines Augenblicksversagens reicht indes nicht aus, um dem Versicherungsnehmer den vollen Versicherungsschutz zu erhalten. Es muss wieder eine subjektive Komponente beachtet werden. So kann ein Augenblicksversagen angenommen werden, wenn der Fahrer aus nachvollziehbaren Gründen abgelenkt wurde und daher unbewußt fahrlässig handelte.

Es ist aber stets auf die konkrete Situation und die konkret handelnde Person abzustellen. Allgemeingültige Angaben, wann ein Augenblicksversagen vorliegt, lassen sich also nicht machen.

Expertentipp:

Wird Ihnen ein grob fahrlässiges Verhalten vorgeworfen, meinen Sie aber, dass es sich nur um ein Augenblicksversagen handelt, ist es mehr als ratsam, diese Angelegenheit von einer fachkundigen Person prüfen zu lassen. Diese kennt die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit unter dem Gesichtspunkt eines Augenblicksversagens fallen läßt. So können Sie erhebliche Minderungen Ihrer Versicherungsleistungen verhindern.

Alkohol

Der wohl schwerwiegendste Fall grober Fahrlässigkeit ist das Fahren unter Alkoholeinfluß.

Hierbei wird zwischen einer absoluten und einer relativen alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit unterschieden.

Gut zu wissen:

Absolute Fahruntüchtigkeit liegt vor ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰.

Relative Fahruntauglichkeit ist gegeben bei einer Blutalkoholkonzentration zwischen 0,3 ‰ und 1,1 ‰

Wer im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit ein Kraftfahrzeug lenkt, handelt stets grob fahrlässig, und zwar in objektiver und subjektiver Hinsicht.

Im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit müssen zur objektiven Alkoholisierung noch alkoholtypische Fahrfehler oder Ausfallerscheinungen beim Fahrer hinzutreten.

Praxisbeispiel:

Beispiele für alkoholtypische Fahrfehler:

  • Schlangenlinien fahren
  • Grundloses Abkommen von der Fahrbahn
  • übervorsichtiges Fahren
  • leichtsinnige Fahrweise
  • Überfahren einer roten Ampel
  • Überhöhte Geschwindigkeit

Beispiele für Ausfallerscheinungen

  • unsichere, verwaschene Sprache
  • Gleichgewichtsstörungen
  • unsicherer Gang
  • geistige Orientierungslosigkeit

Wichtig anzumerken ist, dass ein - auch grober - Verkehrsverstoß allein noch nicht ausreicht, um einen alkoholtypischen Fahrfehler anzunehmen.

Es muss sich vielmehr um einen Verstoß handeln, der nüchternen Fahrern üblicherweise nicht unterkommt. Der Fahrfehler muss also einem nicht alkoholisierten Fahrer nicht passiert sein.

Expertentipp:

Im Falle einer Alkoholfahrt darf die Polizei eine Blutentnahme durch einen Arzt anordnen. Zur Feststellung der alkoholtypischen Ausfallerscheinungen wenden diese außerdem weitere Tests an, wie zum Beispiel, dass der Fahrer mit dem Zeigefinger auf seine Nasenspitzen tippen soll.

Zu diesen weiteren Tests sind Sie indes nicht verpflichtet. Es empfiehlt sich also, eine Teilnahme an diesen Tests stets zu verweigern.

In diesem Falle notiert der Arzt lediglich seinen subjektiven Eindruck von dem Alkoholisierungsgrad des Fahrers.

Im Bereich der relativen Fahruntüchtigkeit reicht also eine gemessene Blutalkoholkonzentration allein nicht aus, um eine Obliegenheitsverletzung zu begründen. Auch wenn es zu einem Unfall gekommen ist, muss diesem noch kein alkoholbedingter Fahrfehler zugrunde gelegen haben.

Wird aber ein alkoholbedingter Unfall nachgewiesen, kann die Vollkaskoversicherung ihre Leistungen kürzen. Je nach Alkoholisierunggrad liegt dieser Abzug bei 25% bis zum 100%(!).

Rotlichtverstoß

Wer an einer durch Lichtzeichenanlage geregelten Straßenkreuzung bei Rot in die Kreuzung einfährt, handelt stets objektiv grob fahrlässig. Das Überfahren einer roten Ampel stellt stets eine Mißachtung der gebotenen Sorgfalt dar, die über das normale Maß deutlich hinausgeht.

Die ebenfalls erforderliche Annahme eines subjektiven Verschuldens, also einem besonders sorglosen Umgangs mit den Verkehrsregeln, wird hierbei durch die objektiv grob fahrlässige Verhaltensweise indiziert. Laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann vom äußeren Geschehensablauf auf innere Vorgänge des Fahrers geschlossen werden.

Es ist also an dem Versicherungsnehmer, besondere Umstände vorzutragen, die trotz objektiv fahrlässigem Verkehrsverstoß seinen subjektiven Schuldvorwurf entfallen lassen.

Hierbei ist zunächst zu unterscheiden zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Rotlichtverstoß.

Gut zu wissen:

Ein einfacher Rotlichtverstoß liegt vor, wenn der Fahrer die Haltelinie überquert und noch weniger als eine Sekunde seit dem Umspringen der Ampel auf „Rot“ vergangen ist.

Ein qualifizierter Rotlichtverstoß liegt demgegenüber vor, wenn die Ampel vor dem Überfahren der Haltelinie bereits länger als eine Sekunde „Rot“ gezeigt hat.

Die unterschiedliche Bewertung der beiden möglichen Rotlichtverstöße zeigt sich schon in der im Bußgeldkatalog festgelegten Sanktion. Ein einfacher Rotlichtverstoß wird mit Bußgeld in Höhe von 90 Euro geahndet. Ein qualifizierter Rotlichtverstoß schlägt mit 200,00 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot zu Buche.

Kommt es neben dem Rotlichtverstoß noch zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, erhöhen sich die Bußgelder bei beiden Arten von Rotlichtverstoß noch weiter.

Da von der Schwere des Verstoßes auf die inneren Vorgänge des Fahrers geschlossen werden darf, sind die Anforderungen an eine Entlastung des Fahrers bei einem qualifizierten Rotlichtverstoß und bei einer Gefährdung anderer deutlich höher, als bei einem einfachen Rotlichtverstoß.

Praxisbeispiel:

Ein zu kurze Gelbphase führt dazu, dass ein Fahrzeugführer innerhalb der Gelbphase nicht vor der Haltelinie anhalten kann, ohne hierdurch hinter sich Fahrende zu gefährden. Die Dauer muss, je nach erlaubter Geschwindigkeit, zwischen drei und fünf Sekunden liegen.

Besonders schlechte Sichtverhältnisse können den Vorwurf subjektiv grob fahrlässig gehandelt zu haben, entfallen lassen.

Wenn ein ortsunkundiger Fahrer an einer sehr unübersichtlichen Ampelanlage eine rote Ampel überfahren hat, ist deshalb noch nicht sicher, ob er grob fahrlässig gehandelt hat.

Wer zunächst bei „Rot“ angehalten hat und dann während der Rotphase wieder anfährt, weil er irrig eine andere auf „Grün“ wechselnde Ampel beachtet oder mit Fahrzeugen auf einer anderen, mit eigener Ampel geregelten, Spur angefahren ist, kann sich auf ein Augenblicksversagen berufen und so einem Fahrlässigkeitsvorwurf entgehen.

Wird ein grob fahrlässiger Rotlichtverstoß angenommen, kommt eine Kürzung von 25% - 50% bei leichteren und 75% bei schwereren Verstößen in Betracht.

Stoppschild

Das Überfahren eines Stoppschildes steht in der Schwere des Fahrlässigkeitsvorwurfs einem Rotlichtverstoß nur wenig nach. Daher wird auch hier stets eine objektiv grob fahrlässige Handlung angenommen.

Ebenso wie bei einer Ampel muss sich jeder Verkehrsteilnehmer einer Stelle, an der sich ein Stoppschild befindet, mit deutlich erhöhter Aufmerksamkeit nähern. Allen weniger wichtigen Vorgängen und Eindrücken darf er sich hier nicht mehr widmen.

Doch auch hier kann sich der Fahrer entlasten, wenn besondere subjektive Umstände vorliegen.

Praxisbeispiel:

Ein ortsunkundiger Fahrer kann ein Stoppschild übersehen, wenn er sich zu orientieren versucht.

Ein an schlecht sichtbarer Stelle aufgestelltes, von Ästen verdecktes oder stark verschmutztes Stoppschild zu übersehen, stellt in der Regel keine grob fahrlässige Handlung dar.

Wird grobe Fahrlässigkeit angenommen reichen die Abzüge der Vollkaskoversicherung von 25% bis zu 75%, je nach Schwere des Tatvorwurfs.

Telefonieren

Wer beim Führen eines Kraftahrzeuges telefoniert, ist stets hierdurch abgelenkt und kann auf die Vorgänge des Straßenverkehrs nicht mehr angemessen reagieren.

Ein Verstoß gegen das Telefonierverbot am Steuer führt aber nicht unbedingt zu einem Vorwurf grober Fahrlässigkeit.

Dieser ist nur gerechtfertigt, wenn weitere Umstände hinzutreten. Etwa wenn wegen schlechter Sichtverhältnisse oder hohem Verkehrsaufkommen auch ein nicht telefonierender Fahrer eine erhöhte Konzentration auf den Straßenverkehr aufbringen müßte. Auch bei hohen Geschwindigkeiten stellt das Telefonieren eine grobe Fahrlässigkeit dar.

Auf den anderen Seite kann auch das Telefonieren mit einer Freisprecheinrichtung grob fahrlässig sein.

Die Versicherung dürfte im Fall eines grob fahrlässigen Telefonierens am Steuer ihre Leistungen kürzen.

Einzelheiten zum Telefonieren im Straßenverkehr können Sie in unserem Artikel zum Handy am Steuer lesen.

Überhöhte Geschwindigkeit

Ein Geschwindigkeitsverstoß allein begründet keinen Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit.

Dieser kann erst dann angenommen werden, wenn zu einer erheblichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit weitere Umstände hinzutreten, wie zum Beispiel

  • schlechte Sichtverhältnisse
  • riskantes Überholen
  • schlechte Straßenverhältnisse oder Nässe
  • kurvenreiche Straße
  • fehlende Fahrpraxis des Fahrzeugführers

Die Kürzungen der Kaskoversicherung liegen in diesen Fällen zwischen 25% und 75%.

Diebstahl

Der Versicherungsnehmer muss sein Fahrzeug ausreichend gegen Diebstahl sichern. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen diese Sicherungspflicht kürzt die Kaskoversicherung ihre Leistungen um 25% bis zu 75%, je nach Schwere des Vorwurfs.

Grobe Fahrlässigkeit wird immer dann angenommen, wenn das Verhalten des Versicherungsnehmers den Diebstahl begünstigt hat.

  • Zurücklassen der Zulassungsbescheinigung Teil II, also des Fahrzeugbriefs im Fahrzeug.
  • Läßt der Versicherungsnehmer die Zulassungsbescheinigung Teil I, früher Fahrzeugschein genannt, im Fahrzeug liegen, ist eine grobe Fahrlässigkeit nur anzunehmen, wenn er zusätzlich auch noch die Fahrzeugschlüssel zurückläßt.

Die Zulassungsbescheinigung Teil II begünstigt den Diebstahl, da der Dieb sich hierdurch gegenüber einem arglosen Käufer als Eigentümer aufführen kann.

Mit dem Fahrzeugschein gelingt dies zwar nicht; der Dieb kann aber im Falle einer Polizeikontrolle einen berechtigten Besitz an dem Fahrzeug vortäuschen, wenn er neben der Zulassungsbescheinigung Teil I auch noch Original-Schlüssel besitzt.

Grundsätzlich gilt, daß die Schlüssel stets sorgfältig und vor fremdem Zugriff geschützt aufzubewahren sind. Die Anforderungen sind hier recht hoch anzusiedeln.

Praxisbeispiel:

Schlüssel in der Tasche eines an die Garderobe eines Restaurants gehängten Mantels, jedenfalls wenn das Fahrzeug für einen Dieb identifizierbar ist.

Schlüssel in Umkleidekabine im Sportstudio oder Schwimmbad aus den Augen gelassen.

Schlüssel in der Jackentasche, wenn diese am öffentlich zugänglichen Arbeitsplatz unverschlossen abgelegt wird.

Zurücklassen von Auto-Schlüsseln im Auto (zum Beispiel im Handschuhfach)

Es wird von den Gerichten eine Kürzung von etwa 50% für angemessen erachtet.

Obliegenheitsverletzungen

Gefahrerhöhung

Hat der Versicherungsnehmer ohne Zustimmung der Kaskoversicherung eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder vornehmen lassen, wird diese von ihrer Leistungspflicht frei.

Ferner kann die Versicherungsgesellschaft entweder den Versicherungs-Vertrag kündigen oder einen höheren, der Gefahrerhöhung angemessenen Beitrag verlangen.

Gut zu wissen:

Ein Umstand ist gefahrerhöhend, wenn er geeignet ist, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Versicherungsfalls dauerhaft zu erhöhen.

Wurde die Gefahrerhöhung vorsätzlich vorgenommen, ist die Versicherungsgesellschaft von ihrer Leistung vollständig frei.

In Fällen grober Fahrlässigkeit wird nach der Schwere des Schuldvorwurfs gequotelt.

Bei einfacher Fahrlässigkeit bleibt es bei der vollen Leistungspflicht.

Tritt eine Gefahrerhöhung erst im Laufe des Versicherungs-Verhältnisses auf, muss der Versicherungsnehmer diese der Kaskoversicherung binnen eines Monats anzeigen. Tut er dies nicht, ist die Versicherung bei vorsätzlicher Nichtanzeige wieder vollumfänglich von ihrer Leistungspflicht befreit und bei grob fahrlässigem Unterbleiben der Anzeige anteilig befreit.

  • Fahren mit abgefahrenen Reifen
  • Fahren mit einem nicht verkehrssicheren Fahrzeug
  • Fahren mit defekten Bremsen
  • Regelmäßiges Fahren ohne Brille, wenn die Pflicht zum Tragen einer Sehhilfe im Führerschein eingetragen ist
  • Regelmäßiges Überschreiten der Lenkzeiten eines Lkw-Fahrers

Die oben beschriebenen Rechtsfolgen einer Gefahrerhöhung treten indes nur auf, wenn diese eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen und der Versicherungsnehmer von der Gefahrerhöhung Kenntnis hatte oder diese Kenntnis aus grober Fahrlässigkeit nicht hatte.

Daher ist einmaliges Fahren ohne Brille ebensowenig eine Gefahrerhöhung, wie das Fahren mit einem nicht verkehrssicheren Fahrzeug zur Werkstatt.

Die Gefahrerhöhung muss für den Versicherungsfall kausal gewesen sein.

Wäre der Unfall also auch mit Reifen mit ausreichender Profiltiefe eingetreten, kann sich die Versicherung nicht auf die Gefahrerhöhung berufen.

Veräußerung des Fahrzeuges

Der Versicherungsnehmer muss der Versicherungsgesellschaft eine Veräußerung des versicherten Fahrzeuges unverzüglich mitteilen.

Unterbleibt diese Anzeige, wird die Versicherung von ihrer Leistungspflicht frei, wenn

  • der Versicherungsfall länger als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, zu dem die Anzeige hätte erfolgen müssen,
  • die Versicherungsgesellschaft nicht auf anderem Wege von der Veräußerung Kenntnis erlangt hat, zum Beispiel weil der Erwerber bei der Ummeldung eine andere Versicherungsgesellschaft angegeben hat,
  • die Versicherungsgesellschaft mit dem Erwerber des Fahrzeuges einen Versicherungs-Vertrag nicht abgeschlossen hätte und
  • die Versicherungsgesellschaft den Vertrag binnen eines Monats nach Kenntnis von der Veräußerung kündigt.

Verwendungsklausel

Das versicherte Fahrzeug darf nur zu den im Versicherungs-Vertrag angegebenen Zwecken verwendet werden.

Die versicherte Verwendung wird im Versicherungs-Vertrag festgehalten.

Für den Bereich privater Nutzung von Kraftfahrzeugen bestehen die Verwendungszwecke

  • Pkw,
  • Mietwagen,
  • Taxen,
  • Selbstfahrvermietfahrzeuge und
  • Leasingfahrzeuge

Dementsprechend läge ein Verstoß gegen die Verwendungsklausel vor, wenn ein als „Pkw“ versichertes Fahrzeug als Taxi eingesetzt würde.

Wieder ist die Versicherungsgesellschaft bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung vollständig und bei grob fahrlässigem Verstoß anteilig von ihrer Leistungspflicht frei.

Zudem muss die vertragswidrige Verwendung eine höhere Gefahr für den Eintritt eines Versicherungsfalls dargestellt haben.

All das ist von der Versicherungsgesellschaft zu beweisen.

Führerscheinklausel

Das versicherte Fahrzeug darf im öffentlichen Straßenverkehr nur von Personen geführt werden, die die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis besitzen. Außerdem dürfen der Versicherungsnehmer, der Halter und der Eigentümer die Nutzung des Fahrzeuges durch einen Fahrer ohne Fahrerlaubnis nicht zulassen.

Daher muss sich der Versicherungsnehmer, bevor er einen anderen sein Fahrzeug lenken läßt, davon überzeugen, dass dieser auch eine gültige Fahrerlaubnis nach der Fahrerlaubnis-Verordnung für dieses Fahrzeug besitzt. Wird das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum regelmäßig von einer anderen Person gefahren, zum Beispiel ein Firmenwagen von einem Arbeitnehmer, muss sich der Versicherungsnehmer in regelmäßigen Abständen über das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis vergewissern. Auch wenn bestimmte Umstände Zweifel an dem Vorhandensein einer Fahrerlaubnis begründen, etwa weil dem Versicherungsnehmer bekannt ist, dass gegen den Fahrer ein Strafverfahren wegen Alkohols am Steuer anhängig war oder ist, ist vor jedem Fahrantritt eine Kontrolle erforderlich.

Auch hier sind Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit für eine vollständige oder anteilige Leistungsfreiheit erforderlich.

Anzeigepflicht im Versicherungsfall

Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, einen Schadensfall innerhalb einer Woche der Versicherungsgesellschaft anzuzeigen.

Das Gleiche gilt, wenn gegen den Versicherungsnehmer durch die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde im Zusammenhang mit dem Schadenereignis Ermittlungen aufgenommen wurden. Dies muss auch nach vorheriger Schadensmeldung angezeigt werden.

Auch hier sind Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für eine Einschränkung oder einen Wegfall der Leistungspflicht erforderlich.

Darüber hinaus muss die Versicherungsgesellschaft den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen haben. Das kann zum Beispiel durch ein ausgehändigtes Formular zur Meldung des Schadens erfolgen.

Die Leistungsfreiheit tritt auch nicht ein, wenn die Versicherungsgesellschaft auf anderem Wege von dem Schadensereignis Kenntnis erlangt, zum Beispiel weil der Schaden bereits von einem anderen Unfallbeteiligten gemeldet wurde.

Nicht zuletzt muss auch eine Kausalität bestehen zwischen der verspäteten Meldung und der Feststellung des Versicherungsfalles oder dem Umfang der Leistungspflicht der Versicherung. Das heißt, es muss der Versicherung durch die Verspätung erheblich schwerer oder unmöglich geworden sein, den Schadensfall zu untersuchen. Das wird in aller Regel nicht der Fall sein.

Aufklärungsobliegenheit

Über die Anzeiepflicht hinaus ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, an der Aufklärung des Schadensereignisses mitzuwirken, um so der Versicherung die Feststellung des Umfanges ihrer Leistungspflicht zu ermöglichen.

Insbesondere muss der Versicherungsnehmer Fragen der Versicherungsgesellschaft vollständig und wahrheitsgemäß beantworten. Das gilt selbst dann, wenn sich aus den Angaben strafrechtliche Konsequenzen für den Versicherungsnehmer ergeben könnten. Die Versicherungsgesellschaft darf derartige Informationen aber nicht an die Ermittlungsbehörden weitergeben.

Macht der Versicherungsnehmer zunächst falsche Angaben, berichtigt diese aber freiwillig, bleibt sein Leistungsanspruch erhalten. Der Versicherungsnehmer muss allerdings von sich aus die richtigen Angaben nachreichen; wurde er bereits „überführt“ hilft ihm eine Klarstellung nicht mehr.

Auch hier läßt Vorsatz die Leistungspflicht vollständig und grobe Fahrlässigkeit teilweise entfallen.

Der Versicherungsnehmer muss aber in beiden Fällen ausdrücklich in Textform auf diese Umstände hingewiesen worden sein.

Die Obliegenheitsverletzung muss auch kausal auf die Feststellungen der Versicherungsgesellschaften eingewirkt haben.

Dieser Kausalitätszusammenhang ist indes nicht erforderlich, wenn der Versicherungsnehmer die Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat.

Gut zu wissen:

Arglistig handelt der Versicherungsnehmer, wenn er wissentlich falsche Angaben macht und hierbei davon ausgeht, dass die Versicherungsgesellschaft in Kenntnis der tatsächlichen Umstände eine Regulierung nicht vornehmen würde.

Beispiele für ein arglistiges Verhalten sind beispielsweise die Vorlage einer gefälschten Rechung, falsche Angaben zur Kilometerleistung des Fahrzeuges, falsche Angaben zur Person des Fahrers, zur Alkoholisierung des Fahrers oder zu Vorschäden an dem Fahrzeug.

Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

Auch eine Unfallflucht stellt eine Obliegenheitsverletzung im Sinne der Kaskoversicherung dar.

Daher ist die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit durch die Erfüllung des Tatbestandes des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort indiziert

Nach einem Unfall müssen Sie also die erforderlichen Feststellungen über Ihre Person, Ihr Fahrzeug und die Art Ihrer Unfallbeteiligung ermöglichen. Findet sich keine berechtigte Person, der gegenüber Sie diese Angaben machen können, müssen Sie eine angemessene Zeit warten und die Feststellungen unverzüglich nachholen.

Lesen Sie zu den Einzelheiten unseren Artikel zum Unerlaubten Entfernen vom Unfallort

Expertentipp:

Macht Ihre Versicherung einen Haftungsausschluss wegen grober Fahrlässigkeit oder einer Obliegenheitsverletzung gegen Sie geltend, können Sie sehr schnell viel Geld verlieren.

Das Feld der Haftungseinschränkungen ist ein weites und darüber hinaus sehr unübersichtlich. Hier alle Winkel zu kennen ist einem juristischen Laien nahezu unmöglich.

Zögern Sie also nicht, in diesen Fällen unverzüglich die Hilfe einer fachkundigen Person in Anspruch zu nehmen. Diese kann Ihnen helfen, einen Haftungsausschluss abzuwenden oder wenigstens zu mildern.

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