Wie schnell dürfen Radfahrer fahren?
Die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Radfahrers dürfte 10 bis 20 km/h betragen. Trainierte Fahrer oder Fahrer, bei denen Zeit echtes Geld bedeutet oder Elektrofahrräder sind oft schneller unterwegs und schaffen bis 40 km/h. Profiradler bei der Tour de France sind mit durchschnittlich 41 km/h unterwegs.
Auch wenn die Straßenverkehrsordnung kein Höchsttempo für Radfahrer vorschreibt, müssen Radfahrer die in der Straßenverkehrsordnung für alle Verkehrsteilnehmer geltenden Geschwindigkeitsvorgaben beachten. Dies gilt unabhängig davon, dass ein Rad meist nicht über einen Geschwindigkeitsmesser (Tacho) verfügt.
Im Straßenverkehr und auch auf einem Radweg ist die Geschwindigkeit der Verkehrssituation anzupassen (§ 3 StVO). Da Radfahrer akustisch und optisch schlechter wahrnehmbar sind als motorisierte Verkehrsteilnehmer, dürfen sie nur so schnell fahren, wie es von einem Radfahrer allgemein erwartet wird (OLG Karlsruhe, VRS 78, 329), andere Verkehrsteilnehmer dürfen nicht gefährdet werden. Insoweit kommt es auf
- die Straßenverhältnisse,
- die Breite der Fahrbahn und die Beschaffenheit des Weges
- sowie die Nutzung durch andere Verkehrsteilnehmer an.
Höchstgeschwindigkeit auf Radwegen
Auch auf einem 2,30 m breiten innerstädtischen Radweg dürfen Radfahrer nicht mehr als 25 - 30 km/h fahren, wenn die Sicht zur Fahrbahn durch parkende Autos eingeschränkt ist. Kommt es zum Unfall, muss der Fahrer zwei Drittel seines Schadens selbst bezahlen (KG Berlin, VerkMitt 1984, 94). Besteht Gegenverkehr, darf dieser nicht gefährdet werden.
Allgemein müssen Radfahrer sich wie auch Autofahrer so verhalten, dass sie ihr Rad vollständig kontrollieren und in einer Gefahrensituation rechtzeitig anhalten können. Vor allem sind bestehende Geschwindigkeitsbeschränkungen zu beachten. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen drohen Bußgelder und Punkte in Flensburg.
Praxisbeispiel: Verantwortung von Radfahrern bei Unfällen
Ein Rennradfahrer, der mit 45 km/h in Rennfahrerhaltung über den Lenker gebeugt auf einer innerörtlichen Straße mit einem die Fahrbahn querenden Fußgänger kollidiert, muss wegen überhöhter und nicht angepasster Geschwindigkeit die Hälfte seines Schadens selbst tragen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.11.1990 Az. 1 U 94/89). Auch das OLG Düsseldorf (Az. 18 U 253/92) belehrte einen Rennradfahrer, der mit „zügiger“ Geschwindigkeit unterwegs war, dass er in besonderem Maße zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen sei.
Höchstgeschwindigkeit auf Gehwegen
Gehwege sind ausschließlich Fußgängern vorbehalten und für Radfahrer meist tabu. Zeigt ein Zusatzzeichen an, dass auch Radfahrer den Gehweg benutzen dürfen, müssen diese Rücksicht auf den Fußgängerverkehr nehmen und ihre Geschwindigkeit anpassen. Ist auf dem Gehweg mit einem Zusatzschild der Radverkehr zugelassen, müssen Radfahrer mit Schrittgeschwindigkeit von etwa 7 bis 15 km/h fahren (AG Berlin, Urteil v. 22.3.2004, Az. 113 C 3014/04).
Höchstgeschwindigkeit in Fahrradzonen
In einer mit Tempo 30 ausgewiesenen Zone (oft Spielstraße) gilt für alle Verkehrsteilnehmer die ausgewiesene Geschwindigkeitsbegrenzung. In den neuen Fahrradzonen gilt seit 2020 für Radfahrer, Elektrokleinstfahrzeuge und andere zugelassene Fahrzeuge eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h für den Fahrverkehr. Auch ist die Vorfahrtsregelung “rechts vor links” zu beachten. Endet die Fahrradzone, weist das Fahrradzonenschild mit durchgestrichenem Strich darauf hin.
Höchstgeschwindigkeit auf Fahrradstraßen
Fahrradstraßen sind Straßen speziell für Radler oder Inlineskater. Hier dürfen Autos nur unterwegs sein, wenn dies ausnahmsweise durch ein Zusatzschild erlaubt ist. Es gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30. Fahrradstraßen sind oft farblich gekennzeichnet. Nebeneinanderherfahren von Fahrrädern ist erlaubt. Ungeachtet dessen ist auch in einer Fahrradstraße nur eine mäßige und dem Fahrverkehr angepasste Geschwindigkeit erlaubt, die maximal 30 km/h betragen darf (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 7.11.2006, Az. 2 Ss 24/05).
Geisterfahrer auf dem Radweg
Fahren Sie entgegen der Fahrtrichtung auf dem Radweg, tragen Sie die volle oder überwiegende Schuld, wenn Sie einen Unfall verursachen, unabhängig davon, dass man Ihnen vielleicht die Vorfahrt genommen hat (OLG Hamm, Urteil v. 4.8.2017, Az. 9 U 173/16). Außerdem droht ein Bußgeld von 20 EUR.
Sonderfall Tempo 10 km/h, Bergmannstraße Berlin
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte 2021 in einem Abschnitt der Bergmannstraße eine Geschwindigkeitsbegrenzung für den Radweg von 10 km/h angeordnet. Ein Anwohner beantragte, die Geschwindigkeitsbegrenzung aufzuheben, weil keine Gefährdungslage bestehe. Das Verwaltungsgericht Berlin wies den Antrag zurück. Die Anordnung sei rechtmäßig aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs getroffen worden, weil aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestanden habe. Die örtlichen Verhältnisse seien durch eine besonders hohe Dichte von Fußgängern, Rad- und Autofahrern geprägt. Daran ändere auch nichts, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 km/h für Radfahrer wegen des meist fehlenden Tachos nur schwer zu befolgen sei (Beschluss vom 18.7.2022, Az. 11 L 280/22).
Alkoholisierte Fahrradfahrer (ab 1,6 Promille)
Haben sie Alkohol konsumiert, begehen Sie als Radfahrer ab 1,6 Promille eine Straftat. Bei Autofahrern genügen bereits 1,1 Promille, um fahruntüchtig zu sein. Sie machen sich als Radfahrer aber bereits strafbar, wenn Sie 0,3 Promille im Blut haben und durch Ihre Fahrweise auffällig werden oder andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Auch als Radfahrer müssen Sie damit rechnen, dass der Führerschein entzogen wird.
Wann gibt es Punkte in Flensburg?
Auch als Radfahrer sind Sie nicht sicher vor Eintragungen im Verkehrszentralregister in Flensburg. Ab 60 EUR Bußgeld gibt es Punkte in der Verkehrssünderdatei, auch wenn Sie selbst keinen Führerschein für ein Auto besitzen. Die Punkte, die ein Radfahrer in Flensburg kassiert, sind insoweit relevant, als diese den Radfahrer auch in seiner Eigenschaft als Autofahrer betreffen. Sie sind nur dann nicht relevant, wenn der Radfahrer keinen Autoführerschein besitzt und auch nicht die Absicht hat, diesen zu erwerben.
Warum werden Fahrradfahrer nicht geblitzt?
Es kommt durchaus vor, dass auch Radfahrer geblitzt werden. Kann der Radfahrer identifiziert werden, muss er mit einem Bußgeld rechnen. Genau das aber ist das Problem. Da ein Rad keine Kennzeichen hat, ist die Identifikation schwierig bis unmöglich. Ist der Radfahrer aber gegenüber einem Polizisten auffällig geworden oder von einer Laser- oder Radaranlage erfasst worden, kann er bei einem sicheren Nachweis der Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Bußgeld belegt werden.
Alles in allem
Trotz eines fehlenden Tachos müssen Fahrradfahrende einschätzen können, ob sie die Geschwindigkeit, die sie zum Zeitpunkt X an den Tag legen, an Ort und Stelle so verantworten können. Trotz der geringeren Maße bleibt von der von schnellen Pedaltretern vielzitierten Wendigkeit eines Zweirads wenig übrig, wenn bzw. weil unvorhergesehene Ereignisse im Straßenverkehr auftreten, denen man auch auf einem Sattel oft nicht Herr wird.