Kurzfassung
- Um den Anforderungen des technologischen Fortschritts gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber im Straßenverkehrsgesetz den Einsatz vollautomatischer Fahrtsysteme berücksichtigt. Speziell im Automatisiertes-Fahren-Gesetz 2021 geht es um die Integration autonomer Fahrzeuge in den regulären Straßenverkehr.
- Verursacht ein autonom geführtes Fahrzeug einen Verkehrsunfall, kommt neben der Haftung des Fahrers und des Halters des Fahrzeuges auch die Haftung des Herstellers und des Softwaresystemanbieters in Betracht. Nicht zuletzt entwickeln Versicherer spezielle Policen.
- Um bei der technologischen Entwicklung ethische und gesellschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, hat die Bundesregierung eine Ethikkommission eingerichtet, die Leitlinien für den Einsatz solcher Technologien entwickelt hat.
Recht bedeutet Sicherheit
Das wichtigste Gebot im Straßenverkehr heißt „Sicherheit“. Mit dem Straßenverkehrsgesetz und der Straßenverkehrsordnung hat der Gesetzgeber den Rahmen geschaffen, in dem die Teilnahme am Straßenverkehr geregelt ist. Im Mittelpunkt steht immer die Verantwortung von Fahrer und Halter eines Fahrzeuges.
Autonomes Fahren stellt insoweit eine Herausforderung dar, als die Software des Fahrzeuges weitgehend selbst beurteilt, wie das Fahrzeug im Straßenverkehr geführt wird. Es liegt auf der Hand, dass es hierfür detaillierte Regelungen geben muss. Es ist sicherzustellen, dass ein Unfallgeschädigter auch dann entschädigt wird, wenn der Unfall durch autonomes Fahren verursacht wurde und Fahrer und Halter sich darauf berufen, dass das Fahrzeug fremdgesteuert war.
Beim autonomen Fahren besteht also die Schwierigkeit darin, dass die rechtlichen Gegebenheiten dem technologischen Fortschritt hinterherhinken. Das, was technisch möglich ist, muss in einem rechtlichen Rahmen erfasst werden. Hier bestehen noch viele Unsicherheiten und Lücken im Gesetz. Um auch hier den rechtlichen Rahmen vorzugeben, hat die Bundesregierung neben einer Reihe neuer gesetzlicher Regelungen eine Ethik-Kommission für automatisiertes und vernetztes Fahren eingesetzt, die im Jahr 2017 einen Bericht mit ethischen Leitlinien veröffentlicht hat. Auch wenn Recht also nie perfekt sein kann, versucht der Gesetzgeber zumindest, diesem Ideal so gut es geht gerecht zu werden.
Welche rechtlichen Regeln gelten für Autonomes Fahren in Deutschland?
Der Rechtsrahmen für autonomes Fahren in Deutschland hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, um den technologischen Fortschritten und den Anforderungen der Verkehrssicherheit gerecht zu werden. Es finden sich eine Reihe gesetzlicher Regelungen:
Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Im Jahr 2017 wurde das Straßenverkehrsgesetz geändert, um den Einsatz von hoch- und vollautomatisierten Fahrsystemen zu ermöglichen. Diese Änderungen erlauben es Fahrern, die Kontrolle an das Fahrzeug zu übergeben, solange sie in der Lage sind, die Kontrolle wieder zu übernehmen, wenn das System dies verlangt.
Das StVG unterscheidet zwischen verschiedenen Stufen des autonomen Fahrens, von assistierten Systemen bis hin zu vollautomatisierten und autonomen Systemen. Diese Klassifikationen sind wichtig, um die jeweiligen rechtlichen Anforderungen und Verantwortlichkeiten festzulegen.
Auch wenn ein Fahrzeug autonom fährt, bleibt der Mensch im Fahrzeug (der Fahrzeugführer) in bestimmten Situationen verantwortlich. Der Fahrzeugführer muss in der Lage sein, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen, wenn das System dies anfordert. Das Gesetz regelt, dass der Fahrzeugführer sich nicht dauerhaft vom Verkehrsgeschehen abwenden darf und jederzeit bereit sein muss, einzugreifen.
Automatisiertes-Fahren-Gesetz 2021
Im Mai 2021 hat der Bundestag ein neues Gesetz verabschiedet, das den Betrieb von autonomen Fahrzeugen der Stufe 4 (vollautomatisiertes Fahren) im regulären Straßenverkehr ermöglicht. Das Gesetz ist ein bedeutender Schritt zur Integration autonomer Fahrzeuge in den regulären Straßenverkehr.
Dieses Gesetz legt fest, unter welchen Bedingungen und in welchen Bereichen solche Fahrzeuge eingesetzt werden dürfen. Es umfasst auch Regelungen zur technischen Überwachung und zur Haftung. Das Gesetz definiert spezifische Betriebsbereiche, in denen autonome Fahrzeuge eingesetzt werden dürfen. Diese Bereiche können z.B.
- bestimmte Straßen,
- Stadtgebiete
- oder festgelegte Routen
umfassen. Die Betriebsbereiche müssen so gestaltet sein, dass die Sicherheit und Funktionsfähigkeit der autonomen Systeme gewährleistet ist.
Außerdem fördert das Gesetz Pilotprojekte und Forschungsvorhaben, um die Technologie weiterzuentwickeln und praktische Erfahrungen mit autonomen Fahrzeugen zu sammeln. Diese Projekte sollen dazu beitragen, die Sicherheit und Effizienz autonomer Fahrsysteme zu verbessern.
Technische Anforderungen und Zulassung
Autonom geführte Fahrzeuge müssen bestimmte technische Anforderungen erfüllen und eine Zulassung durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erhalten. Diese Anforderungen umfassen Sicherheitsstandards, die Fähigkeit zur Datenaufzeichnung und die Möglichkeit, die Kontrolle an den Fahrer zurückzugeben, wenn das System dies verlangt.
Autonome Fahrzeuge müssen mit Systemen zur technischen Überwachung ausgestattet sein, die sicherstellen, dass das Fahrzeug sicher und zuverlässig betrieben wird. Diese Systeme müssen in der Lage sein, den Betrieb des Fahrzeugs zu überwachen und bei Bedarf einzugreifen oder den Betrieb zu stoppen.
Datenaufzeichnung
Autonome Fahrzeuge müssen bestimmte Daten aufzeichnen, um im Falle eines Unfalls oder einer Fehlfunktion nachvollziehen zu können, was passiert ist. Diese Datenaufzeichnung ist vergleichbar mit einem Flugschreiber in Flugzeugen.
Der Datenschutz ist ein zentraler Aspekt beim autonomen Fahren, da autonome Fahrzeuge eine Vielzahl von Daten sammeln und verarbeiten, um sicher und effizient zu funktionieren. In Deutschland und der Europäischen Union (EU) gibt es strenge Datenschutzgesetze, die den Schutz personenbezogener Daten regeln. Die wichtigsten Regelungen und Prinzipien sind z.B.
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
- Datenminimierung
- Einwilligung und Transparenz
- Datensicherheit
- Anonymisierung und Pseudonymisierung
- Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht.
Haftung und Versicherung
Hat ein autonom geführtes Fahrzeug einen Verkehrsunfall verursacht, kann die Haftungsfrage komplex sein, soweit das Unfallgeschehen darauf zurückzuführen ist, dass das Fahrzeug sich sozusagen selbst gesteuert hat. In der Regel haftet der Halter des Fahrzeugs, aber es können auch Herstellerhaftungen in Betracht kommen, wenn ein technischer Defekt vorliegt. Versicherungen müssen entsprechend angepasst werden, um diese neuen Risiken abzudecken.
Die Haftungsfrage bei Unfällen mit autonomen Fahrzeugen ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich des Automatisierungsgrads des Fahrzeugs, der spezifischen Umstände des Unfalls und der geltenden gesetzlichen Regelungen.
Halterhaftung
In Deutschland haftet der Halter des Fahrzeugs grundsätzlich für Schäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs verursacht werden. Dies gilt auch für autonome Fahrzeuge. Die Halterhaftung ist in der Regel durch eine Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt.
Herstellerhaftung
Wenn der Unfall auf einen technischen Defekt oder eine Fehlfunktion des autonomen Fahrsystems zurückzuführen ist, kann der Hersteller des Fahrzeugs oder des Fahrsystems haftbar gemacht werden. Dies fällt unter die Produkthaftung, die sicherstellt, dass Hersteller für Schäden haften, die durch fehlerhafte Produkte verursacht werden.
Software- und Systemanbieter
In Fällen, in denen der Unfall durch einen Fehler in der Software oder den Algorithmen des autonomen Fahrsystems verursacht wurde, könnten auch die Entwickler und Anbieter dieser Systeme haftbar gemacht werden.
Fahrerhaftung
Bei teilautomatisierten Fahrzeugen, bei denen der Fahrer in bestimmten Situationen die Kontrolle übernehmen muss, kann der Fahrer haftbar gemacht werden, wenn er seiner Überwachungspflicht nicht nachkommt oder nicht rechtzeitig eingreift.
Versicherungen
Die Versicherungsbranche entwickelt neue Modelle und Policen, um die spezifischen Risiken und Haftungsfragen im Zusammenhang mit autonomen Fahrzeugen abzudecken. Dies kann spezielle Versicherungen für autonome Fahrzeuge oder erweiterte Deckungen in bestehenden Policen umfassen.
Ethik-Kommission
Die Bundesregierung hat eine Ethik-Kommission für automatisiertes und vernetztes Fahren eingerichtet, die Leitlinien für den Einsatz solcher Technologien entwickelt hat. Diese Leitlinien sollen sicherstellen, dass ethische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt werden.
Die ethischen Leitlinien für autonomes Fahren sind von großer Bedeutung, da sie sicherstellen sollen, dass die Entwicklung und der Einsatz dieser Technologie im Einklang mit gesellschaftlichen Werten und moralischen Prinzipien stehen. In Deutschland hat die Ethik-Kommission für automatisiertes und vernetztes Fahren, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eingerichtet wurde, im Jahr 2017 einen Bericht mit ethischen Leitlinien veröffentlicht. Hier sind einige der zentralen ethischen Prinzipien und Empfehlungen aus diesem Bericht:
Schutz des menschlichen Lebens
Der Schutz des menschlichen Lebens hat oberste Priorität. Autonome Fahrsysteme müssen so programmiert sein, dass sie in jeder Situation das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Menschen schützen.
Vermeidung von Unfällen
Autonome Fahrzeuge sollen darauf ausgelegt sein, Unfälle zu vermeiden. Dies umfasst sowohl die Vermeidung von Kollisionen als auch die Minimierung von Schäden, wenn ein Unfall unvermeidbar ist.
Gleichbehandlung
Autonome Fahrsysteme dürfen keine Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, körperlicher Verfassung oder anderen persönlichen Merkmalen vornehmen. Alle Menschen müssen gleichbehandelt werden.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Entscheidungen und Handlungen autonomer Fahrzeuge müssen transparent und nachvollziehbar sein. Dies bedeutet, dass die Systeme so gestaltet sein müssen, dass ihre Funktionsweise und Entscheidungsprozesse verständlich und überprüfbar sind.
Verantwortlichkeit und Haftung
Es muss klar geregelt sein, wer die Verantwortung und Haftung für die Handlungen eines autonomen Fahrzeugs trägt. Dies umfasst sowohl die Hersteller als auch die Betreiber und Nutzer der Fahrzeuge.
Datenschutz und Datensicherheit
Der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Daten der Nutzer muss gewährleistet sein. Autonome Fahrzeuge müssen sicherstellen, dass gesammelte Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt sind und nur für legitime Zwecke verwendet werden.
Notfallstrategien
Autonome Fahrsysteme müssen über Notfallstrategien verfügen, um in kritischen Situationen angemessen reagieren zu können. Dies umfasst auch die Möglichkeit, das Fahrzeug sicher zum Stillstand zu bringen, wenn ein technisches Problem auftritt.
Kontinuierliche Verbesserung
Die Technologie des autonomen Fahrens muss kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert werden, um die Sicherheit und Effizienz zu erhöhen. Dies umfasst auch die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der ethischen Leitlinien.
Gesellschaftliche Akzeptanz
Die Einführung autonomer Fahrzeuge muss in einem gesellschaftlichen Dialog erfolgen, der die Bedenken und Erwartungen der Bevölkerung berücksichtigt. Die Akzeptanz der Technologie in der Gesellschaft ist entscheidend für ihren Erfolg.
Berücksichtigung von Umweltaspekten
Autonome Fahrzeuge sollten so gestaltet sein, dass sie umweltfreundlich sind und zur Reduzierung von Emissionen und Energieverbrauch beitragen.
Alles in allem
Alle diese Regelungen und ethischen Leitlinien sollen sicherstellen, dass die Entwicklung und der Einsatz autonomer Fahrzeuge im Einklang mit den Werten und Normen der Gesellschaf, sowie der Rechtsordnung stehen und dass die Technologie zum Wohl der Menschen und der Umwelt eingesetzt wird.